Ich möchte die Berichte über meine Reise nach Indien und Nepal etwa in der Mitte  und beim Soundtrack von Alice Cooper mit “Last Man on Earth” beginnen, weil das Lied so gar nicht zu Indien passt.

Es gibt in Indien keinen denkbaren Platz, an dem es nicht wahrscheinlich ist, dass einem irgendjemand über den Weg läuft. Sei es ein Motorradfahrer mitten in der Felswüste von Hampi oder im Gebirge der Westghats um Munnar. Mein Bericht startet allerdings relativ weit im Norden, weil hier Indien so ist, wie man es aus den Märchen und Erzählungen kennt: das Land der Maharajas, Rajasthan.
Im Wüstenstaat Rajasthan dominiert fast jede Stadt ein majestätisches Fort, das über den Dächern thront. In Bikaner thront es zwar nicht über den Dächern sondern hinter einem Wassergraben im Zentrum der Wüstenstadt, kann aber an Pracht schwerlich übertroffen werden. Ich weiß zwar nicht, ob ich in einem mit Gold verkleidetem Schlafzimmer schlafen möchte, anschauen tu’ ich’s aber doch gern!

Das Schlafzimmer des ehemaligen Maharajas – ein Traum in Gold.


Verzierung und Bemalung wohin das Auge reicht.


Bikaner war eine sehr interessante Station der Reise. Kamele, Wüste, ein Tempel in dem Ratten angebetet werden und wir haben unseren argentinischen Reisegefährten Mateo kennengelernt, der mich und meine Freundin den Rest unserer Reise begleitet hat.

Die folgenden Bilder sind der Inhalt eines Tages, an dem wir das Fort von Bikaner mit einer amerikanischen Musikerin zusammen angeschaut haben, um später noch durch die Stadt zu wandern.
Bikaner ist eine relativ kleine Stadt in Rajasthan, die aber eine große Vergangenheit hat, was sich vor allem in der Pracht des Forts widerspiegelt. Das schönste an der Stadt ist, dass man fast keine Touristen trifft, was in Rajasthan eher nicht normal ist. Im Marktviertel im Stadtzentrum kriegt man alles, was das Herz begehrt – Chai ist hier natürlich hervorzuheben – und kann sich nett mit allen Leuten unterhalten.
Abgesehen vom unglaublichen Reichtum, der im Fort zelebriert wird, lebt man auch mit der alltäglichen und allgegenwärtigen Armut der Menschen. Das Gefühl, wenn man beim abendlichen Zähneputzen aus dem Fenster schaut und die Leute sieht, die unter der Bauruine eines riesigen Gebäudes mit ihren drei Ziegen zu siebt in zwei kleinen Betten schlafen, ist schwer zu beschreiben. Einerseits weil es einfach ein Schock ist, selbst im Warmen zu sein, während draußen die Menschen in der kalten Wüstennnacht schlafen, andererseits weil das Gefühl einfach schwer zu ummalen ist, wenn man es jemandem darlegen soll, der selbst noch nicht in Indien war. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist zu groß, zu gegenwärtig, um sie ignorieren zu können, man muss damit zu leben lernen. Man muss mit den Menschen reden, um eine Ahnung davon zu bekommen. Die mittellosen Menschen sind oft die, mit denen man die schönsten und fröhlichsten Gespräche haben kann. Aber eben nur manchmal.

Zurück zur Geschichte, die meine Bilder erzählen sollen. Unsere Besichtigung des Forts war auch keine alltägliche. Als wir das Gebäude betraten waren mehrere Räume und Innenhöfe nur unter Aufsicht eines Security-Bediensteten begehbar. Grund dafür war, dass wir rein zufällig in den Dreh einer Episode einer Bollywood-Serie gelaufen sind. Für das bald stattfindende Holi-Festival wurde im Fort gedreht. Die Innenhöfe und Balkone waren über und über mit Farbpulver bedeckt und mit riesigen Stoffbahnen überspannt, um gutes Licht zum Filmen zu generieren.
Bikaner ist im Nachhinein für mich eine Stadt, die ich wirklich gerne ein zweites Mal sehen möchte und eine der Stationen meiner Reise, die mich am nachhaltigsten beeindruckt hat – wegen der Stadt selbst und den Menschen, die ich dort kennenlernen durfte.

Eine Silhouette im Sonnenaufgang – Bikaner am Morgen.


Tiere (Ziegen, Schafe, Schweine, Hunde, Kühe, Papageien, Katzen, Büffel, Kamele, …) sind überall. Man bekommt den Eindruck nicht los, dass es mehr Tiere als Menschen gibt.


Die Tempel der Jainisten sind die prunkvollsten vorstellbaren Bauwerke. Farben, Ornamentik, Licht – alles muss man mit offenem Mund anstarren, weil man nie solche Pracht gesehen hat.


Ashley durchwandert die Gänge des Forts von Bikaner.


Was genau der Herr war oder wollte – wir haben es nicht herausgefunden. Auf alle Fälle wollte er ein Bild mit jedem von uns.


Ashley, der oben erwähnte indische Herr, Miri und Mateo, unser Compagnon.


Der einzige Raum des Forts, der keinerlei Dekoration aufwies. Und genau deshalb fand ich ihn wohl so faszinierend.


Die Überbleibsel des Bollywood-Sets für die Holi-Folge.


Teller voller Farbe im goldenen Licht der Wüstensonne.


Die Bollywood-Schauspieler und Techniker warteten im Schatten auf ihren nächsten Einsatz.


Überschattet von riesigen Stoffbahnen.


Ein allgegenwärtiger Anblick – Papagei auf Stromleitung.


Die Fenster der Forts sind so konstruiert, dass die Frauen in alten Zeiten von innen das Treiben im Hof beobachten konnten, die Leute im Hof aber nicht die Damen im Inneren des Gebäudes.


Im Schatten der Wüstensonne.


Überall in Indien, überall, ist die Tracht der Frauen einfach eine Augenweide für einen Fotografen: Farben über Farben über Farben.